Das abendländische Mönchtum
Wenn ich die großen Kirchen und Kathedralen in Europa sehe, dann frage ich mich: Was ist mit der Spiritualität des Landes passiert? Europa war einmal Stätte zahlreicher Mönche und Nonnen. Es brachte bedeutende religiöse Bewegungen hervor, Mönchsorden, große Heilige. Was ist passiert mit der Spiritualität, angesammelt durch die Jahrhunderte? Alles wurde zu Mauern und Farbe. Die spektakulären Errungenschaften der Wissenschaft und Technik, von Kunst und Politik haben stark an den spirituellen Reserven Europas gezehrt. Im Zuge der letzten zwei- oder dreihundert Jahre wurde das spirituelle Leben vernachlässigt. Das materielle Leben und körperliches Vergnügen sind zum obersten Anliegen der Menschen geworden. Nichts wurde mehr zur ursprünglichen spirituellen Grundlage beigetragen. Die Folge davon war, dass die gesamte religiöse Atmosphäre in Europa verlorengegangen ist. Andere Kräfte haben anstelle der spirituellen Kraft zugenommen. Die gegenwärtige Zerstörung [der zweite Weltkrieg] ist eine Folge davon. Meditation and Spiritual Life, Advaita Ashrama Kalkutta
Yatiswarananda
Ich glaube, es besteht eine wirkliche Gefahr für den Mönch – ja, für alle Menschen – darin, in unserer ganzen Lebensweise nur einzugehen auf Theorien und Behauptungen, statt wirklich zu wachsen im Wahrnehmen, Erkennen und im Bewusstsein der lebendigen und sich-selbst authentisch auslegenden Wahrheit, und uns ihr in Treue zu verpflichten. Ja, es ist tatsächlich eine sehr reelle Gefahr für uns Mönche, nur allzu leicht hübsch engstirnig und selbstgefällig zu werden beim Wiederholen unserer Glaubensformeln. Meditieren mit den Vätern, Vier-Türme-Verlag Münsterschwarzach
John Main
Die Lebensform als transformative Kraft des traditionellen Mönchtums
Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden.Mt 16,25
Evangelium
Kurz nach zwei Uhr in der Frühe ruft die Schlafsaalglocke die Mönche [Trappisten] zum Nachtgottesdienst in die Kirche. Völlig angekleidet haben sie ungefähr sieben Stunden auf ihrem Strohlager in der kleinen Zelle geruht. Wenn dieselbe Glocke abends um 19 Uhr zur Ruhe einlädt, hat der Trappist 17 Stunden hinter sich, die in der Hauptsache dem Gebet, dem Studium, der geistlichen Lesung und der Handarbeit galten ... Stillschweigen begleitet alle diese Übungen und erleichtert die Sammlung. – Die Ernährung ist streng vegetarisch: Fleisch-, Fisch- und Eierspeisen sind nicht gestattet, außer bei Schwächlichkeit und Krankheit. – Einen besonderen Aufgabenkreis haben die Trappisten nicht. Sie sind weder Landwirte noch Schriftsteller noch Wissenschaftler und dergleichen, das alles sind sie nur gelegentlich und nebenbei. Ihr ganzer Seinsgrund liegt in ihrem Dasein für Gott, in der schlichten und einfachen Form, die das echte Mönchtum auszeichnet. Hasenberg, Das Wirken der Orden
Berichtet von Andreas Schmidt
Die drei evangelischen Räte
Dies ist die Regel und das Leben der Brüder:
Im Gehorsam,
ehelos und
ohne Eigentum leben
und der Lehre unseres Herrn Jesus Christus und seinen Spuren nachfolgen. Nicht bullierte Regel 1
Franz von Assisi
Gehorsam
Der heilige Antonios lehrte: Wenn einer schnell zur Vollkommenheit gelangen will, dann darf er nicht sein eigener Lehrmeister sein wollen, noch seinem eigenen Willen nach leben, auch dann nicht, wenn das, was er will, recht und gut ist, sondern nach dem Ausspruch des Erlösers soll jeder bestrebt sein, vor allem sich selbst zu verleugnen und dem eigenen Willen zu entsagen (Joh 5,30). Sartory, Texte zum Nachdenken, Herder-Verlag, FreiburgWüstenväter
Wenn du nicht demütig bist, wirst du die Süßigkeit des Gehorsams nie kennen lernen, du wirst sagen: „Warum soll ich dies oder jenes tun?“ und Verwirrung wird in dir sein. Wer gehorcht, ist bei all seinem Tun in Frieden. Jean-Yves Leloup, Worte vom Berg Athos, Ars sacra Müller, München
Mönche vom Berg Athos
Vollkommener Gehorsam
Jener Mensch verlässt alles, was er besitzt, und verliert seinen Körper, der sich selbst im Gehorsam ganz ausliefert in die Hände seines Vorgesetzten.
Falls aber ein Vorgesetzter dem Untergebenen etwas gegen dessen Seele vorschreibt, muss er ihm zwar nicht gehorchen, darf ihn aber dennoch nicht verlassen. Und falls er deshalb von einigen verfolgt wird, soll er sie noch mehr lieben wegen Gott. Denn wer eher Verfolgung auf sich nimmt, als dass er von den Brüdern getrennt werden wollte, verharrt wirklich im vollkommenen Gehorsam. Ermahnungen 3
Franz von Assisi
Ehelosigkeit
Die römisch-katholische Kirche hat Große Heilige geschaffen: Franz von Assisi, Ignatius von Loyola, die Heilige Theresa, die beiden Katherinas und viele andere. Die protestantische Kirche hat niemanden von gleichem spirituellem Rang hervorgebracht. Es besteht ein Zusammenhang zwischen großer Spiritualität und Keuschheit. Die Erklärung dafür ist, dass diese Männer und Frauen durch Gebet und Meditation die vitalste Kraft im Körper in spirituelle Energie umgewandelt haben. In Indien weiß man dies sehr wohl und die Yogis tun es bewusst. Die derart umgewandelte Kraft heißt ojas und wird im Gehirn gespeichert. Sie wird vom untersten Zentrum zum höchsten Zentrum geleitet.Eine Biographie, Heinrich Schwab Verlag, Argenbühl-Eglofstal
Vivekananda
Besitzlosigkeit
Man erzählte von Altvater Gelasios: In seiner Jugend führte er ein besitzloses Anachoretenleben. Es waren um jene Zeit auch sehr viele andere in dieser Gegend, die das gleiche Leben wie er begrüßten. Unter ihnen war auch ein Greis von höchster Schlichtheit und Besitzlosigkeit. Er bewohnte bis zu seinem Tode allein ein Kellion, obgleich er in seinem Alter Schüler hatte. Seine Askese gipfelte in der Sorge, ja keine zwei Röcke zu besitzen und nicht an den morgigen Tag zu denken, auch für seine Schüler nicht.
Als nun Altvater Gelasios unter Gottes Mitwirkung sein Kloster errichtete, gab man ihm auch viel Land. Er erwarb auch Lasttiere für die Bedürfnisse des Klosters und Rinder. Wie ihn nun der vorgenannte Alte damit beschäftigt sah und die echte Liebe gegen ihn üben wollte, sprach er zu ihm: „Ich fürchte, Vater Gelasios, dass deine Gedanken von den Feldern und dem übrigen Besitz des Klosters völlig in Beschlag genommen werden.“ Gelasios antwortete ihm darauf: „Dein Denken ist mehr gefangen von dem Pfriem, mit dem du arbeitest, als der Sinn des Gelasios von seinem Besitz.“ Wüstenväter - Sartory, Texte zum Nachdenken, Herder-Verlag, Freiburg
Liebst du die Wahrheit, liebst du das Leben, wünschst du zu Wahrheit und Leben zu gelangen, dann irre vom Weg nicht ab! Du sagst: Ich sehe den Weg und möchte ihn betreten; aber er ist bitter, er ist rauh, und der Weg, der zum Leben führt, ist schmal und eng. Christus ist ihn gegangen, ist er da noch rauh? Aber Christus ist Gott und Mensch, sagst du, doch ich bin nur ein Mensch! So viele tausend Märtyrer sind ihn gegangen, und er ist dir immer noch rauh? Greise gingen ihn, junge Männer, Knaben und Mädchen haben den Weg, den du fürchtest, für dich gebahnt. Beschreite also den Weg, beschreite ihn ohne Bangen! Lektionar zum Stundenbuch I/4, 7.Woche Freitag
Augustinus
Das arme Leben in Einsamkeit
ist zu Beginn schwer,
wird mit der Zeit leicht,
und am Ende himmlisch.
In Widerwärtigkeiten ist es standhaft,
bei Zweifeln treu,
im Glück maßvoll,
Es ist bescheiden im Lebensstil,
einfach im Benehmen,
züchtig im Reden,
keusch im Verhalten.
Es ist höchst erstrebenswert,
da es ganz und gar,
keinen Ehrgeiz hegt.
Das eremitische Leben Nr.4
Guigo I (Karthäuser)
Der Wert kontemplativen Lebens
Doch bei aller Bewunderung und Dankbarkeit für sie [die aktiven Verwirklichten, unsere größten Lehrer] dürfen wir die stillen, kontemplativen Erleuchteten nicht vergessen. Wir dürfen sie nicht gedankenlos selbstsüchtig nennen. Durch ihre Verwirklichung des spirituellen Ideals sind sie auch für uns ein Segen. Ihr spirituelles Denken reinigt die geistige Atmosphäre und bereitet den Boden vor für das spirituelle Wachstum von Männern und Frauen. Ihre spirituellen Schwingungen unterstützen uns bei unseren Kämpfen. Die Kraft stiller Verwirklichung darf nicht unterschätzt werden. Abenteuer des religiösen Lebens, Vedanta-Zentrum WiesbadenYatiswarananda
Heute ließ mich der Herr Seinen Zorn über die Menschheit erkennen. Durch ihre Sünden verdient sie die Abkürzung der Tage; aber ich sah, dass die Welt von auserwählten Seelen getragen wird – das sind die Ordensleute. Wehe der Welt, wenn es keine Orden mehr gibt. Tagebuch 1434Faustyna Kowalska