Gebet − Der direkte, selbstlose Umgang mit Gott
Um zu Gott zu beten, hast du nichts nötig. Wo immer du bist, wo immer du Ihn anrufst, Er hört dich. Es braucht dazu wirklich kein Tun, keine Mittelsperson, keinen Diener. Sprich: „Erbarme Dich meiner!“ Und alsbald wird Gott da sein.
Chrysostomus
Es gibt in der Welt keine süßere und erfreulichere Art von Leben als die des andauernden Umganges mit Gott; nur die ihn pflegen und genießen, können das verstehen. Wäre ich ein Prediger, so würde ich über nichts anderes predigen; wäre ich ein Seelenführer, so würde ich aller Welt zu ihr raten: für so nötig und sogar für so leicht erachte ich sie. Im Angesicht Gottes, Verlag Otto Walter AG, Olten
Bruder Lorenz
Drei Stadien der Liebesbeziehung zu Gott
Eine Liebesbeziehung zu Gott können wir auf drei Weisen herstellen. Eine ist, Gott um Hilfe, um Gnade zu bitten. Dieses Bitten, Warten, Sich-öffnen ist Gebet. Es ist eine Bewegung Gottes auf die Seele zu.
Im nächsten Stadium beginnt die Seele, Gott alles zu opfern, was sie hat, was sie tut, und schließlich sich selbst. Dieses Opfern ist Anbetung. Es ist eine Bewegung der Seele auf Gott zu.
Durch beide Bewegungen rückt die Seele näher zu Gott. Diese „geistige Annäherung“ an Gott ist Meditation. Es beginnt als Gebet, steigert sich zu Anbetung, und kommt in der Kontemplation zur Reife. Meditation, Vedanta-Zentrum Wiesbaden
Bhajanananda
Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. 11,9
Wenn einer von euch einen Freund hat und um Mitternacht zu ihm geht und sagt: Freund, leih mir drei Brote; denn einer meiner Freunde, der auf Reisen ist, ist zu mir gekommen, und ich habe ihm nichts anzubieten!, wird dann etwa der Mann drinnen antworten: Lass mich in Ruhe, die Tür ist schon verschlossen und meine Kinder schlafen bei mir; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben?
Ich sage euch: Wenn er schon nicht deswegen aufsteht und ihm seine Bitte erfüllt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seiner Zudringlichkeit aufstehen und ihm geben, was er braucht. 11,5-8
Lukas-Evangelium
Du möchtest die ganze Nacht beten, und du möchtest alle Teile des Korans dabei rezitieren, aber du betest nicht. Nur der betet die ganze Nacht, der für Mich betet, nicht für irgendeinen Rosenkranz oder einen begriffenen Teil der Schrift. Ihm begegne Ich mit Meinem Angesicht, und er besteht durch Mein Durch-Mich-Bestehen... Wenn Ich will, spreche Ich mit ihm, und wenn Ich ihn zu belehren wünsche, belehre Ich ihn.
Die mit dem Rosenkranz Beschäftigten gehen fort, wenn sie ihn vollendet haben, und die mit den Koranteilen Beschäftigten gehen fort, wenn sie sie gelesen haben; aber die mit Mir Beschäftigten gehen nicht fort, denn wie sollten sie fortgehen? Annemarie Schimmel, Mystische Dimensionen des Islam
Niffari
Ich kann nicht aufhören mich zu wundern, so oft der Herr mit Seinem Geschöpf einen so innigen Umgang aufnimmt; das ist wieder Seine unergründliche Güte. Stets beginne ich diese Betrachtung und kann sie niemals zu Ende führen, denn mein Geist versinkt vollkommen in Ihm. Welche Wonne, mit der ganzen Kraft seiner Seele lieben zu können und selbst noch stärker geliebt zu sein; das zu fühlen und mit dem ganzen Bewusstsein seines Wesens zu erleben. Es gibt keine Worte, um das auszudrücken. Tagebuch 1523
Faustyna Kowalska
Rezitation (am Beispiel des Jesusgebets)
Als Jesus in die Nähe von Jericho kam, saß ein Blinder an der Straße und bettelte. Man sagte ihm: Jesus von Nazaret geht vorüber. Da rief er: Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Die Leute, die vorausgingen, wurden ärgerlich und befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter. Lk 18, 35-39
Das unablässige innerliche Jesusgebet ist das ununterbrochene, unaufhörliche Anrufen des Göttlichen Namens Jesu Christi mit den Lippen, mit dem Geist und mit dem Herzen, wobei man sich seine ständige Anwesenheit vorstellt und ihn um sein Erbarmen bittet bei jeglichem Tun, allerorts, zu jeder Zeit, sogar im Schlaf. Es findet seinen Ausdruck in folgenden Worten: Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner! Wenn sich nun jemand an dieses Anrufen gewöhnt, so wird er einen großen Trost erfahren und das Bedürfnis verspüren, ständig dieses Gebet zu verrichten, derart, dass er ohne dieses Gebet gar nicht mehr leben kann, und es wird sich ganz von selbst aus ihm lösen. Jungclaussen, Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers, Herder, Freiburg
Erzählungen eines russischen Pilgers
Visualisierung
Ich bitte euch ja gerade nicht, nachzusinnen, geistreiche Formulierungen zu finden und tiefsinnige Betrachtungen anzustellen. Ich möchte nur, dass ihr ihn anseht. Was hindert euch denn, die Augen der Seele – zumindest für einen kurzen Blick – auf ihn zu richten? Ihr seid ja fähig, recht hässliche und abstoßende Dinge zu betrachten: warum dann nicht auch das Schönste, was man sich vorzustellen vermag? Erika Lorenz, Texte zum Nachdenken, Herder-Verlag, FreiburgTheresa von Avila
Oft erhalten wir durch unsere Gebete nicht, was wir erhoffen, weil wir unsere Aufmerksamkeit und unser Herz nicht auf Christus gerichtet haben, durch den unsere Gebete zu Gott gelangen. Oft ist ein Blick auf Christus das beste Gebet: „Ich schaue ihn an, er schaut mich an“: das ist das vollkommenste aller Gebete. Lucinda Vardey, Der einfache Weg, Hoffmann und Campe, HamburgMutter Teresa
Das Symbol in der Gottesbeziehung
Das Symbol ist ein Mittel, um durch Gedankenverbindungen an das göttliche Bewusstsein erinnert zu werden. Das Göttliche darf aber nicht auf die Ebene des Bildnisses herabgezogen werden. Das Symbol ist hilfreich, solange man es als eine Darstellung des Göttlichen betrachtet. Solange wir das tun, ist es keine Götzenverehrung, sondern ein Schritt zur Verwirklichung des Absoluten.
Es können Bilder und Statuen göttlicher Persönlichkeiten sein wie Buddha, Krishna, Vishnu, Shiva, Durga, die Madonna mit dem Jesuskind auf dem Arm oder Jesus, Ramakrishna und so weiter.
Sie können auch aus einer menschlichen Beziehung bestehen, indem Gott als Vater, Bruder, Mutter, Freund und so weiter betrachtet wird. Ja, die menschliche Beziehung selbst ist ein Symbol, ob ein Bildnis benutzt wird oder nicht. Abenteuer der religiösen Lebens, Vedanta-Zentrum Wiesbaden
Yatiswarananda
Das von dem Strebenden erwählte Ideal beginnt, das Denken auf sehr subtile Weise zu beeinflussen. Wenn wir über Jesus, Buddha, Ramakrishna oder eine Gottheit meditieren, nimmt unsere Seele deren göttliche Eigenschaften an, ohne dass wir es merken. Ihre Natur sickert in unser Denken und verleiht unserem inneren Ich eine feine göttliche Aura. Meditation über eine Gottheit hilft auf diese Weise dem Ich beim Prozess der Gottwerdung. Wie selten wird das erkannt! Meditation, Vedanta-Zentrum Wiesbaden
Bhajanananda
Auf wie viele Weisen kann man sich an einem Persönlichen Gott erfreuen! Es gibt die Haltung des Dieners, des Freundes, der Mutter, des Gatten oder des Geliebten. VI, Das Vermächtnis, O.W. Barth Verlag, München
Gott ist formlos und hat auch Form. Er ist aber auch das, was Form und Formlosigkeit übersteigt. Nur Er allein weiß, was Er ist.
Rāmakrishna