Das monastische Leben oder das Streben nach Vollkommenheit


Alle Verwandte und Freunde sind nichts anderes als alte, trockene Brunnen; wir fallen in sie hinein und bekommen Träume von Pflicht und Knechtschaft. Schaffe dir keine falschen Vorstellungen dadurch, dass du anderen hilfst. Wenn du ein Dualist bist, bist du ein Narr, wenn du versuchst Gott zu helfen. Wenn du ein Monist bist, weißt du, dass du Gott bist; woher dann Pflicht? Du hast keine Verpflichtung gegenüber deinem Ehemann, Kind, Freund. Nimm die Dinge wie sie kommen, liege still und wenn dein Körper auftreibt, geh; steige mit der Flut, falle mit der Ebbe. Lass den Körper sterben; diese Idee des Körpers ist nichts als ein abgedroschenes Märchen.
Gib alles auf und lass es treiben wohin es will. Diese Welt ist eine einzige Täuschung, falle nicht abermals auf sie herein. Inspired Talks

Vivekananda

Man denkt in der Welt allgemein, wir hätten nichts zu leiden, höchstens kindische Schmerzen, und man meint, man könne nur das Kreuz, das man in der Welt trifft, wahrhaft Kreuz nennen. Es ist wahr, dass es in der Welt große und schwere Kreuze gibt… Jene des Lebens im Kloster sind tägliche Nadelstiche. Der Kampf spielt sich auf einer anderen Ebene ab; man muss gegen sich selbst kämpfen. Es kommt oft vor, dass Menschen die Welt verlassen, um ins Kloster zu gehen, nachdem sie Eltern und Kinder verloren haben. Aber obwohl man ihren Mut und ihre Seelenstärke bewunderte, ließen sie nicht selten vor dem Kreuz des Ordenslebens den Mut sinken.
Ich habe oft festgestellt, dass die scheinbar stärksten Naturen gerade von diesen kleinen Dingen niedergedrückt werden, so dass es sich wirklich bestätigt: Der größte aller Siege ist der, den man über sich selbst erringt. Selbstbiographische Schriften, Johannes Verlag, Einsiedeln

Therese von Lisieux

Aufopferung


Nachdem meine Seele Gott gekostet hat, könnte sie ohne Ihn nicht leben. Mir ist eine Stunde am Fuße des Altars in größter seelischer Dürre lieber als hundert Jahre weltlicher Wonne. Ich will lieber im Kloster ein unbedeutendes Aschenbrödel sein, als draußen in der Welt eine Königin. Tagebuch 245

Faustyna Kowalska


Rechte Rede


Die Fehler der Gerechten finden sich auf den Lippen, die der Gottlosen haften am ganzen Leib. Darum singt David: Herr, setze eine Wache vor meinen Mund und eine gutverwahrte Türe vor meine Lippen (Ps 28,2). Und: Ich habe gesagt: Ich will meine Wege behüten, dass ich nicht fehle mit meiner Zunge (Ps 38,2). Sartory, Texte zum Nachdenken, Herder-Verlag, Freiburg
Wüstenväter



Meiner Auffassung und Erfahrung nach müsste die Regel vom Schweigen an erster Stelle stehen. Eine schwatzhafte Seele ist leer in ihrem Inneren. Sie besitzt keine grundlegenden Tugenden und keine Vertrautheit mit Gott. Von tieferem Seelenleben kann nicht die Rede sein, auch nicht vom süßen Frieden und Stille, in der Gott wohnt. Tagebuch 118
Faustyna Kowalska

Gehorsam


Der heilige Antonios lehrte: Wenn einer schnell zur Vollkommenheit gelangen will, dann darf er nicht sein eigener Lehrmeister sein wollen, noch seinem eigenen Willen nach leben, auch dann nicht, wenn das, was er will, recht und gut ist, sondern nach dem Ausspruch des Erlösers soll jeder bestrebt sein, vor allem sich selbst zu verleugnen und dem eigenen Willen zu entsagen (Joh 5,30). Sartory, Texte zum Nachdenken, Herder-Verlag, FreiburgWüstenväter




Wenn du nicht demütig bist, wirst du die Süßigkeit des Gehorsams nie kennen lernen, du wirst sagen: „Warum soll ich dies oder jenes tun?“ und Verwirrung wird in dir sein. Wer gehorcht, ist bei all seinem Tun in Frieden. Jean-Yves Leloup, Worte vom Berg Athos, Ars sacra Müller, München
Mönche vom Berg Athos

Vollkommener Gehorsam


Jener Mensch verlässt alles, was er besitzt, und verliert seinen Körper, der sich selbst im Gehorsam ganz ausliefert in die Hände seines Vorgesetzten.
Falls aber ein Vorgesetzter dem Untergebenen etwas gegen dessen Seele vorschreibt, muss er ihm zwar nicht gehorchen, darf ihn aber dennoch nicht verlassen. Und falls er deshalb von einigen verfolgt wird, soll er sie noch mehr lieben wegen Gott. Denn wer eher Verfolgung auf sich nimmt, als dass er von den Brüdern getrennt werden wollte, verharrt wirklich im vollkommenen Gehorsam. Ermahnungen 3

Franz von Assisi

Besitzlosigkeit


Man erzählte von Altvater Gelasios: In seiner Jugend führte er ein besitzloses Anachoretenleben. Es waren um jene Zeit auch sehr viele andere in dieser Gegend, die das gleiche Leben wie er begrüßten.
Unter ihnen war auch ein Greis von höchster Schlichtheit und Besitzlosigkeit. Er bewohnte bis zu seinem Tode allein ein Kellion, obgleich er in seinem Alter Schüler hatte. Seine Askese gipfelte in der Sorge, ja keine zwei Röcke zu besitzen und nicht an den morgigen Tag zu denken, auch für seine Schüler nicht.
Als nun Altvater Gelasios unter Gottes Mitwirkung sein Kloster errichtete, gab man ihm auch viel Land. Er erwarb auch Lasttiere für die Bedürfnisse des Klosters und Rinder. Wie ihn nun der vorgenannte Alte damit beschäftigt sah und die echte Liebe gegen ihn üben wollte, sprach er zu ihm: „Ich fürchte, Vater Gelasios, dass deine Gedanken von den Feldern und dem übrigen Besitz des Klosters völlig in Beschlag genommen werden.“ Gelasios antwortete ihm darauf: „Dein Denken ist mehr gefangen von dem Pfriem, mit dem du arbeitest, als der Sinn des Gelasios von seinem Besitz.“ Wüstenväter - Sartory, Texte zum Nachdenken, Herder-Verlag, Freiburg

Beständigkeit


Der Mönch sucht nicht, sich auf irgendeinem Gebiet zu spezialisieren. Im Kloster wird er sein Amt oft wechseln müssen. Sein Werk ist das beständige Gebet. Jean-Yves Leloup, Worte vom Berg Athos, Ars sacra Müller, München
Mönche vom Berg Athos




Einer von den Vätern fragte den Altvater Johannes Kolobos, was ein Mönch sei, und er antwortete: „Mühe! Denn der Mönch müht sich ab in jedem Werk. So ist der Mönch!“ Sartory, Texte zum Nachdenken, Herder-Verlag, Freiburg
Wüstenväter


Der Altvater Antonios sagte: Ein Mönch, der wenige Tage arbeitet und dann nachlässt, um dann wieder zu arbeiten und schließlich wieder müßig ist, der tut nichts und ist nicht beharrlich in Geduld. Sartory, Texte zum Nachdenken, Herder-Verlag, Freiburg
Wüstenväter




Das ganze Streben des Mönchs und die ganze Vollkommenheit des Herzens zielt auf die beständige und ununterbrochene Beharrlichkeit im Gebet und, soweit dies der menschlichen Gebrechlichkeit möglich ist, auf eine unbewegliche Ruhe des Geistes und immerwährende Reinheit.
Johannes Cassian


Einen Punkt müssen wir uns sehr klar und tief einprägen: Das spirituelle Leben ist eine sehr langsam fortschreitende, beschwerliche Arbeit, es ist unbarmherzige Mühe, und das für die Ewigkeit. Irgendwie sind die meisten von uns der Ansicht – wie unbewusst auch immer –, dass Spiritualität etwas ist, das in kurzer Zeit erlangt werden kann und dann folgen lange Ferien und man kann die Freizeit genießen. Ewige Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit. Das spirituelle Leben gilt für alle Ewigkeit, das heißt es gibt keine solchen Ferien wie wir vielleicht meinen. Die gleiche Spannung des Geistes muss kontinuierlich aufrechterhalten werden ohne die geringste Entspannung. Dieselbe Wachsamkeit, dieselbe Vorsicht, und dieselbe Stringenz. Junge Menschen sollten sich dies sorgfältig vergegenwärtigen und sich selbst dementsprechend schützen und leiten. Spiritual Practice V, Advaita Ashrama, Kalkutta

Ashokananda

Keuschheit


Begreifen Sie denn nicht, dass es einen Grund gibt, weshalb man in allen Mönchsorden auf Keuschheit besteht? Spirituelle Riesen gibt es nur, wo das Gelübde der Keuschheit eingehalten wird. Begreifen Sie nicht, dass es dafür einen Grund geben muss?

Die römisch-katholische Kirche hat Große Heilige geschaffen: Franz von Assisi, Ignatius von Loyola, die Heilige Theresa, die beiden Katherinas und viele andere. Die protestantische Kirche hat niemanden von gleichem spirituellem Rang hervorgebracht. Es besteht ein Zusammenhang zwischen großer Spiritualität und Keuschheit. Die Erklärung dafür ist, dass diese Männer und Frauen durch Gebet und Meditation die vitalste Kraft im Körper in spirituelle Energie umgewandelt haben. In Indien weiß man dies sehr wohl und die Yogis tun es bewusst. Die derart umgewandelte Kraft heißt ojas und wird im Gehirn gespeichert. Sie wird vom untersten Zentrum zum höchsten Zentrum geleitet.Eine Biographie, Heinrich Schwab Verlag, Argenbühl-Eglofstal


Nur der keusche Mann, oder die keusche Frau, kann das ojas hochsteigen lassen und es im Gehirn speichern. Aus diesem Grunde wurde Keuschheit stets als höchste Tugend betrachtet. Ein Mann fühlt, dass seine Geistigkeit schwindet, wenn er unkeusch ist, dass er an geistigen und moralischen Kräften einbüßt. Deshalb werden Sie in allen religiösen Orden der Welt, aus denen geistige Persönlichkeiten großen Formats hervorgegangen sind, die Forderung absoluter Enthaltsamkeit finden. Aus diesem Grunde entsagten Mönche der Ehe. Raja-Yoga, Verlag Hermann Bauer, Freiburg


„Nach meiner Ansicht muss ein Volk erst einmal eine große Hochachtung vor dem Mutterideal schaffen, indem es die Ehe heiligt und für unverletzlich erklärt, ehe es das Ideal vollkommener Enthaltsamkeit erreichen kann. Die Katholiken und die Hindus, die die Ehe als heilig und unverletzlich betrachten, haben große keusche Männer und Frauen von gewaltiger Kraft hervorgebracht.“
Der Swami sagte, dass vollkommene Treue und Ergebenheit zwischen Mann und Frau während dreier aufeinanderfolgender Generationen sich durch die Geburt eines idealen Mönchs äußert. Eine Biographie, Heinrich Schwab Verlag, Argenbühl-Eglofstal

Vivekananda

Du siehst den Weg und fragst, wohin er dich führt! Er führt zu Wahrheit und Leben. Liebst du die Wahrheit, liebst du das Leben, wünschst du zu Wahrheit und Leben zu gelangen, dann irre vom Weg nicht ab! Du sagst: Ich sehe den Weg und möchte ihn betreten; aber er ist bitter, er ist rauh, und der Weg, der zum Leben führt, ist schmal und eng. Christus ist ihn gegangen, ist er da noch rauh? Aber Christus ist Gott und Mensch, sagst du, doch ich bin nur ein Mensch! So viele tausend Märtyrer sind ihn gegangen, und er ist dir immer noch rauh? Greise gingen ihn, junge Männer, Knaben und Mädchen haben den Weg, den du fürchtest, für dich gebahnt. Beschreite also den Weg, beschreite ihn ohne Bangen! Lektionar zum Stundenbuch I/4, 7.Woche Freitag

Augustinus